Ich bin ein Tierfreund. Auch bei Stoff ist das so. Ein Tier aus Stoff nachgebildet hat oft einen merkwürdig lebendigen Ausdruck. Das ist so ähnlich, wie bei Kinderzeichnungen. Eigenschaften treten in Stoff gemeißelt meist weitaus stärker hervor als bei echten Tieren bzw. bei Kinderzeichnungen deutlicher, als bei Zeichnungen Erwachsener. Überhaupt offenbart eine gewisse Naivität in Darstellung und Sein mehr, als wenn diese überdeckt wird von Theorien eines Zoologen.
Als ich einen neuen „alten Hund“ für meine Reihe „alte Hunde“ suchte, fand ich stattdessen einen alten Hasen. Nun also die Reihe alte Hasen:
Ich denke er ist in der oft traurigen Phase, kurz bevor er frisst. Der magische Moment, den wir alle kennen. Hunger und Traurigkeit vermischen sich. Freud hätte viel dazu zu sagen, zum Glück ist er schon mundtot. Ich schätze Freud sehr, doch halte ich ihn für einen der grössten „Fälle“, die es je gab, denn er nutzte die Krankheiten vieler, besonders Frauen, für sich und sein wissenschaftliches Weiterkommen, skrupelloser noch als manch heutzeitiger Musikproduzent. Viele psychologische Fälle wechseln in der Zeit einer Ausbildung ja die Seite. Vom Patient zum Arzt. Sie, „die Fälle“, sind, ohne Zweifel, natürlich dazu prädestiniert andere gut zu verstehen und sie sogar zu analysieren. Doch sollte man nicht vergessen, dass sie all das nur tun, um nicht selbst auf dem Patientenstuhl zu landen. So viel zu meiner Theorie. Zurück nun von „den Fällen“ zu „den Fellen“.
Dieser Hase, den man oben sehen kann, eventuell ist es gar kein Hase, sondern ein Kaninchen, doch ihr wisst, was ich meine, scheint mir von der Form her einem sogenannten Vulkankaninchen nachempfunden. Alle Kaninchen gehören übrigens zur Gattung „Hasenartiges“. Zur selben also wie auch der gute alte Feldhase. In der Kochkunst spricht man übrigens vom Hasen als Wildbraten. Ein Hasenbraten hat jedoch nichts mit einem lebendigen hasenartigen Tier zu tun. Wer einen Hasen kennenlernen will, der sollte sich einen lebendigen vornehmen und keinen Braten.
Viele Menschen haben in diesen Tagen Herbstdepressionen. Wer keine Lust auf diese hat, hat leider wenig Chancen, zumindest im Moloch Berlin, diesem Blues zu entgehen. Hasen können den ein oder anderen zwar aufmuntern, jedoch nur kurzfristig. Die Tierwelt ist aber eindeutig ein Ausweg. Man muss sich natürlich auf sie, die Tiere, einlassen. Nur sie zu bestaunen wie gut sie sich bewegen können und dabei keinerlei Verspannungen aufweisen, reicht nicht aus. Das Sprechen gehört zur Begegnung ebenso dazu wie der Schritt zurück, falls man zu nah an sie herangetreten ist.
Am Schluss nun ein Gedicht zum Thema Berlin, das ich vor mehr als einem Jahrzehnt schrieb und wo deutlich wird, wie sich der Zeitgeist verändert hat. Hundekot wird von den Herrchen und Frauchen heute, schon bevor er überhaupt getrocknet ist, entsorgt und ein Moloch ist wohl diese funkelnde Glitzerstadt schon lange nicht mehr. Es ist also eine Hommage an das olle Berlin, dass es nicht mehr gibt.
Berlin Gedicht
Berlin, Du Moloch aus Unrat
manchmal reib´ ich mich ganz schön an Dir auf
gnadenlos läßt Du mich schwanken und verschaukelst mich
Ich kann nicht von Dir lassen
bist wie eine Droge mit all Deinen Düften und Szenen
Laß mich doch einfach mal in Ruhe
sei einmal sanft und fast nicht zu erkennen
Dein Markenzeichen ist doch Deine Vielfalt
aber was ich spüre ist doch eher eine Einfalt
Erschreck´ mich doch nicht immer so
wo ich doch zu Dir gehör´ wie die Faust auf´s Auge
Ich hab´s mir doch nicht ausgesucht
bin einfach so hierher geraten
Nun mach doch mal `nen Kompromiss
und zeig mir wie´s hier wirklich ist
© Bettie I. Alfred, 2019
Schlagwörter: alte Hunde, Berlin, Berlinale, Berlingedicht, Hasen, Hasenbraten, Hunde, Kinderzeichnungen, Lehrer, Lyrik, Siegmund Freud