Jonas, der Künstler

Lese weiter Camus gesammelte Erzählungen, darin eine Geschichte über einen Maler, der mit Familie in einer engen aber sehr hohen Wohnung lebt. Wie ich schon vermutete, baut er sich im Laufe der Erzählung eine Art schwebendes Atelier. Also einen Hängeboden auf den er über einen Schemel steigt (so hoch kann es dann wohl doch nicht sein) und sich dort in seine Arbeitswelt zurückzieht. Immerzu sind nämlich Freunde zu Besuch und er kann bei dem Trubel gar nicht gut arbeiten. Um seine sichtlich überlastete Frau mit den zwei kleinen Kindern zu unterstützen, werden alle möglichen einsamen Verwandten herangezogen, die dann ebenfalls in der viel zu kleinen Wohnung sind und u.a. Kleidung für die Kinder nähen. Sowieso scheinen alle Menschen um den Künstler herum kein eigenes Leben zu haben und ein solches auch gar nicht zu wollen, denn sie gieren förmlich danach von ihm, Jonas, „eingestellt“ bzw. eingeladen zu werden. Jedenfalls will man auf Biegen und Brechen in seiner Nähe sein und ihn dann teilweise sogar einfach nur lange anschauen. Keine schlechte Idee also, dieser Umzug auf den selbstgezimmerten Hängeboden. Das einzige, was mich übrigens wirklich mit diesem Künstler verbindet, ist die Tatsache, dass er von anderen Menschen nicht in ihr eigenes Versagen einbezogen werden möchte. Eine schöne Ausdrucksweise, wie ich finde, und eben ein Wunsch, den ich voll und ganz unterschreiben würde. Ansonsten finde ich alles sehr bedenklich. Die Ehefrau in der Geschichte spielt klar und deutlich die Rolle der Haushälterin und der Künstler küsst ab und an mal seine Kinder, die er liebt und lebt ansonsten aber nur fürs Malen. Sein Freund Rateau (sein Ebenbild), der natürlich auch immerzu da ist, betört zudem die Weiblichkeit und ein wenig habe ich das Gefühl, dass das dann auch die Hauptaussage der Geschichte ist. Tut er dies nämlich nicht mehr, lässt er, Jonas, der Künstler, nach und kaum tut er das, so Camus, in dieser Erzählung, ist es aus mit ihm. Eine merkwürdige und gleichzeitig sehr einfache Geschichte. —– Nun mache ich mich an den Song manic depression, den ich umdichten möchte zu einem Song namens manic regression. Es ist doch unfassbar, wie sich die Kindheit immerzu Bahn bricht. Egal, wie alt man tatsächlich geworden ist. Auch Jonas ist nichts als ein Kind geblieben. Übrigens gibt es exakt aus dem selben Jahr (1957) einen experimentellen Schwarzweissfilm von Ottomar Domnick. Sein Titel – Jonas. Man fragt sich mal wieder wer da wen beeinflusst hat. Es regnet. Ich danke dem Wettergott! Wie heisst der noch gleich?

4.11.21 © Bettie I. Alfred

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