12.11.21 (lange habe ich auf dieses wunderschöne Datum, das man auch rückwärts lesen kann, gewartet)

Seit Monaten will ich mir den von vielen Menschen hochgelobten Gesang des Gelbspötters anhören. Immer vergesse ich es und rede stattdessen über andere Sachen. Es gibt ja genug zu besprechen. Den Stromverbrauch, die Ernährung, die Situation am um und zu den Festen, Lebenserwartungen etc.pp. Eins steht glücklicherweise schon fest, an Weihnachten werde ich dem Kater eine Diashow präsentieren. Die Arbeit daran läuft auf Hochtouren. 100 de von Urlaubsaufenthalten (vorwiegend in den 50ern, aber auch in den 70er und 80er Jahren, man konnte sie tatsächlich eine Weile auf dem Flohmarkt kaufen, kistenweise Glasdias und auch in Plastik eingeschweisste) gilt es zu sortieren. Im Anschluss an die Show möchte ich Gemeinsamkeiten benennen und diskutieren. Es ist nämlich erstaunlich wie man immerzu meint dieselbe Familie zu erkennen (auf fast allen Bildern gibt es nämlich ein Kind im roten Anorak), dabei sind es Hunderte verschiedene. Auch ich fahre nun morgen weg, weg von zu hause, sehr weit weg, ich denke es sind an die 30 km, was für einen Menschen, der meistens im Zimmer sitzt und denkt, einer Weltreise gleichkommt. Beim letzten Mal wegfahren, fuhr ich zum Beerenpflücken weg, es ging um Brombeeren, was kein Spass ist, auch wenn es sich romantisch anhört. Sie hängen meist ganz weit oben, man streckt sich, fällt hinein und ist voller Kratzer. Zudem sind die unten Hängenden zwar leicht zu erreichen, aber unbeliebt, bei mir, beim Fuchs nicht, er hebt sein Bein und ist erleichtert. Diese neue Reise nun, dient mir diesmal nun weder zum Beerenklau, noch überhaupt zu einem Naturerleben, sondern dient rein dem Menschlichen und somit Verbindenden in all dem Trennenden. Da auch kleine Menschen mit dringendem Zuneigungsbedürfnis anwesend sein werden, kann ich nichts versprechen in Bezug auf klar abgemachtes jedoch kaltes Abstandgehalte, denn will ein kleiner Mensch Nähe, verschafft er sich diese, egal, was es auch koste. Der Mensch an sich, diese Zeiten machen es deutlicher denn je, eine Fehlkonstruktion (O-Ton Konrad Bayer). Jeder Mensch, das vergisst man ja ab und zu, ist ja tatsächlich ein ganz einmaliger Mensch und für sich gesehen, das grösste Kunstwerk aller Zeiten. So Thomas Bernhard. Selbst übrigens ein eben solches, meist im Wetterfleck und wirklich abgrundtief jägerlich gekleidet. Egal, was man mit sich auch veranstaltet, selbst bei der größtmöglichen Anpassung bleibt man es doch, ein Individuum. Ich selbst wimmele von Flusen und Fusseln, auch Pilling ist an mir das Selbstverständlichste (manch einer kauft sich einen nagelneuen Pullover sobald er auf einem alten Pilling entdeckt), denn wen stört das, ausser Fachidioten? Nichts zerstört die Umwelt mehr, als die Produktion von Waren. Klar Autos sind weitaus schlimmer als Pullover, doch wer schon beim Pullover Angst hat, hat es bei Autotsitzen allemal. Doch übe ich mich in Toleranz und versuche ab und zu sogar Kontakt zu ordentlich gekleideten Menschen herzustellen. Die Hürde ist natürlich auf beiden Seiten (!) gross, das Pilling kränkt das Auge des Gepflegten schnell, doch gibt es durchaus auch das Gegenteil: Menschen die meinen, nur weil ich Pullover voller Pilling trüge sei ich „symphatisch“. Gerade heutzutage, wo verfusselte Pullover ja wieder geschützt werden, weil sie nachhaltiger sind, als Einmalkleidung, passiert das nicht gerade selten. Es lag mir im Grunde heute ferner denn je eine Glosse zu schreiben, nun bin ich abgerutscht in den Humor. Doch ihr wisst ja, jeder Mensch ist immer ganz anders, egal wohin du auch wanderst.

© Bettie I. Alfred, 12.11.21


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