Lese in einer uralten Musikerzeitschrift herum. Ihre Name wäre heute in manchen Kreisen ein glatter Skandal, Fachmann. Nein Irrtum, sie heisst Fachblatt. Verzeihung. Darin jedenfalls ein Artikel über „Stressabbau bei Musikern“. Hochinteressant. Nach Meinung des Autors müsse jeder Streßreiz abreagiert werden. Das Zerlegen von Hotelinventar sei für den Musiker eine wichtige Sache, denn es diene dem Stressabbau. Gebannt tauche ich geistig ein in die Welt der Langhaarigen dieser Zeit. Im Dorf meiner Anfänge gab es, soweit ich mich erinnere, keinen einzigen Langhaarigen. Der Mitbewohner schüttelt den Kopf und sagt: Das kann nicht sein! Er hat wohl recht, ich habe ihn halt nur nicht gesehen. Den einzigen auffälligen Menschen erinnere ich als Sohn einer älteren Dame in Bundeswehrkluft. Da stand ich am Strassenrand und staunte, als ich diesen in einem Jeep ins Dorf knattern sah. So, dann habe ich einen Film über Heuschreckenplagen gesehen. Er wurde mir auf diesem entmenschlichten Netzwerk empfohlen. Man sah einen Mann auf einem Stuhl sitzen, alles in Super-acht bzw. in Super-16- Optik. Mit diesem typischen ausgefransten Rand eines Bildfensters und die Farben so schön dezent und matt. So etwas gucke ich mir immer an, egal welches Thema sich offenbart. Man sah dann alle möglichen Insekten und Blüten in Makro, was ja alleine schon Wahnsinn ist. Wie lebendig das alles wirkt, und wie diese Bilder, die offensichtlich gröber sind als diese Hightech-Aufnahmen von heute, wo man alles genauso sieht wie „in Echt“, einen so mitnehmen so ins Leben hinein von damals. Nun gut, dann kam das eigentlich Thema und man sprach von Elephantitis und zeigte die Folgen. Dann war der Film plötzlich ein anderer, ein mahnender mit Zeigefinger und scharfem Tonfall. Schließlich kamen die Heuschrecken und das Ganze fesselte nun erst recht nicht mehr durch Wärme sondern plötzlich durch Katastrophenatmosphäre. Wie einfach das ist mit Ton und Bild Menschen hinzureissen. Heute fällt das nicht ganz so offensichtlich aus, was aber nicht unbedingt besser ist. Nun weiss ich aber endlich was Ladybirds eigentlich sind. Auch davon gab es Plagen. Ich erinnere eine in den 2000er Jahren. Ladybird – Plagen. Dass Heuschrecke Hopper heisst, wusste ich übrigens auch nicht. Dennis Heuschrecke, auch schön. Ich gucke ins Notizheft, da habe ich den Satz „Beckett erstickt unter seinen Penaten“ notiert. Unwillkürlich stelle ich mir Samuel Beckett mit weissem Penatengesicht vor. Dann fällt mir ein, daß ich einmal einer Künstlerperformance beiwohnte, bei der ein Künstler Unmengen von Penatencreme verwendete. Sicher 10 Kilo wurden da vercremt. Um nun den Sinn beider Situationen zu ergründen, lag nahe einmal die Bedeutung des Wortes nachzuschauen. Sie passt wie die Faust aufs Auge. Die Penaten sind die Schutzgötter der Vorratskammern. Unweigerlich denkt man heutzutage an Klopapier.
Vor lauter Arbeit am Roman habe ich glatt übersehen, dass gestern ein heiliges Datum war. Der 2.2.22 !
© Bettie I. Alfred
Schlagwörter: 16mm, Beckett, Fachblatt, Historische Dokumentarfilme, Musikerleben