Der Kassettenrekorder ist kaputt. Er brummt, oder man hört nichts. Das ist schade und ich schraube ihn auf und stehe wie der Ochs vorm Tor. Lötstellen überall. Ich hasse Lötstellen. Sie haben so eine unangenehme Art sich zu präsentieren. Immer so, als seien sie heile, also nicht kaputt. Und dann sind sie aber doch kaputt. Ich haue dann mal drauf aufs Gerät, es nützt nichts. Dann habe ich Frühjahrsmüdigkeit. Ich versuche es einmal wieder mit dem Senioren-Vital-Elexier. Entweder ich bekomme davon einen Übelkeitsanfall, oder es hilft und es macht mich wach und klar. Das einzig gute an einer Krankheit ist, dass, wenn man sie überwunden hat, ein Triumpfgefühl hat. Ansonsten könnte ich gut darauf verzichten. Gleichzeitig macht sie Kunst zu noch mehr Kunst. Ein Künstler, der keine Probleme und keine Krankheiten hat, ist irgendwie kein richtiger Künstler. Ihm fehlt dann etwas. Ein Problem, ein unbefriedigender Istzustand. Der ist dazu da, damit der Künstler ihn verarbeitet. Ruhig kunstvoll. Das Problem oder die Krankheit, dient zudem noch dazu die Wahrnehmung des „Gekünstes“ zu erschweren. Um der Steigerung Willen, muss man verwischen, neu zusammenbauen, nicht zu viel sichtbar lassen. Wäre ich kein Künstler, wäre ich wohl ein sehr fröhlicher Mensch, das denke ich schon. Doch weil ich ein Mensch bin, der irgendwo dran hängen geblieben ist, vielleicht an einer Situation, die ich nicht vergessen kann, und somit nicht weiter komme im Sein, muss ich Kunst machen. Fröhliche Zierkunst ist das aber wohl keine. Ich beneide Menschen, die so etwas machen können. Niemand will ja ein zerknirschtes Innenleben wie ein Kafka haben. Trotzdem ist er der Grösste.
© Bettie I. Alfred, 14.3.22