Häuslichkeit

Was sind das nur für merkwürdige Zeiten. Man braucht nur aus dem Haus zu gehen, um ein wenig nach schlechter Luft zu schnappen, da findet man auch schon wieder Bücher, die ein Leben verändern können. Beim letzten Gang durchs Viertel Folgendes mitgenommen:

*Albert Camus, La Peste (Originaltext)
*Max Frisch, Tagebücher 1946-1949
*Programmheft WOYZECK, Schillertheater 1987
*Programmheft Das Mädchen mit den Schwefelhölzern,
Deutsche Oper Berlin, 1997

Setze mich dann am ersten warmen Tag, der mich vollkommen lahmlegt wie eine Art Überdosis von etwas Schädlichem, auf einen Stuhl und schlage die Tagebücher von Frisch auf. Ich lese los ohne mir Sorgen zu machen, worum auch immer. Er bittet zu Anfang darum, das Aufgeschriebene chronologisch zu lesen und nicht lediglich im Buch herumzublättern und wirr hineinzulesen.
Ich erwische mich dann, wie ich, als ich an die Stellen mit den Marionetten komme, weiter blättern will und tatsächlich Seiten zu überblättern gedenke. Ich halte dann inne, denn ich erinnere mich an die Bitte Frischs dies nicht zu tun. Lese dann brav da weiter, wo ich aufgehört hatte. Gut so! Jemand sagt dann nämlich zum Schriftsteller, der voller Neid auf des jemandes Landhaus hinweist, dass er ihn, den Schriftsteller ebenfalls beneide, denn der könne die Wahrheit denken und sogar sagen.
Da ich eine „häusliche Seele“ (Jean Paul) bin, wäre ich die erste, die ein Haus zu nutzen wüsste. Jedoch muss man sich entscheiden. Will man die Wahrheit, oder eine Idylle. Verrückt, wie ein Buch, das man aufschlägt, um darin zu lesen, sofort da ist, im Hier und Jetzt, egal wie lange es auch her ist, dass es geschrieben wurde. Egal, wo man etwas liest, sobald man es liest, gehört es dazu zum Tag, zur Nacht, zu einem selbst und erzeugt Gedanken, die man ohne es nicht gehabt hätte. Deshalb ist lesen meist aufschlußreicher als blosses Denken.


© Bettie I. Alfred, 14.4.22




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