Eine Menge Mensch

Es ist schwierig etwas zu denken, was noch niemand gedacht hat und das dann in Sätze zu packen, die es ebenfalls noch nie gab. Ich versuche es trotzdem, denn es ist doch jeder Mensch ein Individuum und somit eindeutig ein Denker des eigenen Ichs und nicht das einer Menge Mensch. Eine Bekannte zeigt auf das Plakat einer Politikerin und sagt frech in meine Richtung: die sieht aus wie du. Ich stutze. Ich weiss wie sie darauf kommt das zu denken, aber ich bin dann doch beleidigt, denn die Frau dort ist nicht die Frau, die ich mit einer Frau assoziieren kann, die mir ähnlich sieht. Dann steht diese Frau zufällig Jahre später vor meinem Konsumsupermarkt und wirbt für ihre konsumorientierte Ökopartei. Sie reicht mir einen Zettel. Die Frau ist eine andere Gen als ich, eine ältere und hat eine ungeheuer stromlinienförmige Figur. Ich stehe etwas neben ihr und auch neben mir und fühle mich wie ein zwar jüngeres, aber doch dann wie ein Walross. Diese Vergleiche sind das Dümmste was Menschenfrauen anstellen können. Nichts ist so wenig von Belang wie eine Figur. Ausser man will auf einen Laufsteg steigen und Beine zeigen. Diesen Bereich meide ich seit ich denken kann. Überhaupt ist das Leben nur von Sinn, wenn man die Ruhe im Sturm erträgt und somit auch den Zerfall oder die Verdickung der Glieder respektiert. Immer wieder, bei allen Thematiken, ein wichtiges Wort: Respekt. Der Film über den Pferdeflüsterer, der verängstigten Pferden durch pures Sichnebensiestellen Lebensmut zurück gibt, war bewegend. Und alles traf eigentlich auch auf Menschen zu. Könnten der es doch aushalten, dass jemand sprachlos neben ihm steht.


© Bettie I. Alfred, 28.4.22


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