Der Schriftsteller

In einer Kirche, obwohl keinerlei religiös anmutende Tendenzen vorhanden, einem Mozart Requiem gelauscht und viel dazu gedacht. Die Stimme ist doch ein gewaltiges Instrument, das in einem Chor wahrlich die Seele zu bewegen schafft. Unter den Zuhörenden sogar junge Skateboarder offensichtlich mit ihren Eltern, zumindest assoziierte ich ihre Kleidung in diese Richtung. Ein schöner Gegensatz und doch heutzutage so gar keiner mehr, man ist offen für vieles, viel mehr wohl als damals, als ich ein Teenie war und mich trotz einer garantierten emotionalen Bewegung, niemals freiwillig in eine solche Situation begeben hätte. Eltern und ich, in Stille und Haltung fordernden Veranstaltungen: ein Thema für sich. Danach noch immer ergriffen von all dem Sanktus, in einem wunderschönen Park, eine Art Absacker mit der Bratschistin. Wir, sitzend und über alles redend, plötzlich von einem Fuchskind überrascht, mussten kurz Pause machen und staunen, denn es war dann ganz nah. Kaum war es dann wieder verschwunden, stand nun er vor uns, der kleine wild frisierte alte Mann. Wies uns auf die Nachtigall hin, die „so so“ schön sänge. Doch es war eine Amsel, was ihm jedoch nicht das Wichtigste war. Die Klänge, so er, seien äußerst interessant. Ich verwies ihn auf Messians Vogelkompositionen, doch dies wohl schon zu viel an Hinweis. Dann sein scheuer, doch vehementer Hinweis, darauf, dass er ein Schriftsteller sei und, darauf, dass er ein so dickes Buch (und die Finger zeigten etwa 10 cm Höhe) geschrieben habe. Wie es heisse, fragte ich vorlaut und „das spielt keine Rolle!“ war seine direkte Antwort. Das spielt keine Rolle, entgegnete ich, sei ein toller Titel. Doch er lachte nicht, schien eher verwirrt und nicht sicher, ob er sich uns weiter offenbaren solle. „Sie ist auch Schriftstellerin“, sagte dann die Begleitung und wie aus der Pistole geschossen, kam eine Art Einladung, bezüglich darauf, daß wir ihn doch einmal besuchen könnten. Jedoch nicht morgen und auch nicht übermorgen, so er, jedoch in einer Woche vielleicht. Hier sprach ein Feingeist mit zerrüttetem Gemüt und noch lange dachte ich darüber nach, ob ich ihn tatsächlich einmal besuchen sollte. Nach seiner Verabschiedung, er hatte sich im Laufe des Sprechens immer mehr von uns abgewendet, stürzte er förmlich die Parkstufen hinauf und fiel wohl ins Efeu, jedenfalls hatte es für mich so geklungen, ich konnte es nicht so genau sehen, inzwischen war es nämlich dunkel geworden. Das Alter in Kombination mit wirren Frisuren, scheint eine Sache zu sein, die nicht selten auftritt. Ich werde zu gegebener Zeit immer eine Mütze mit mir führen, für den Fall, dass ich jemanden treffen täte, den ich gerne zu einem Besuche auffordern würde. Wobei des Dichters Haare ganz wunderbar aufregend in den Himmel ragten.

Bettie I. Alfred, 16. MAi 2022


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