Entdecke bei einer Verwandten, wo ich Blumen giessen muss, obwohl die Blumen alle bereits vertrocknet sind, ein Buch namens Lob des Unsinns. Es wird aussen angekündigt, dass man darin lesen könne, was Kant, Tieck und ein Blaubart über das Thema Unsinn zu sagen hätten. Ich nehme das Buch mit, ohne dass ich frage, ob es genehm ist, dass ich es nehme, denn es ist ja niemand da, den ich fragen kann. Den Schatz in der Tasche, bekomme ich Angst, daß genau dieses Buch, es dann sei, was die Blumenausrotterin, nach der Rückkehr sofort lesen wollen könnte. Dazu muss man sagen, dass ich niemanden in der ganzen Welt kenne, der so viele Bücher, ich denke es sind an die 15.000 Exemplare, besitzt, wie diese Person und weshalb es wirklich unwahrscheinlich ist, dass sie genau dieses Buch in Angriff nehmen würde, gleich wenn sie zurück wäre.
Am Abend dann der genüssliche Aufschlag des gebundenen strahlend blauen Bandes. Ziemlich schnell dann ein Gefühl der Überforderung. Plötzlich sogar wildes Chaos im Kopf. Nur ein Satz bleibt stehen und ich notiere ihn schnell, denn die Vergesslichkeit ist enorm, besonders am Abend:
Der Enthusiasmus ist in seiner zügellosen Form durchaus mit dem Wahnsinn zu vergleichen, im Vergleich zum Genie ist er jedoch kein Vermögen, sondern lediglich ein Affekt der wackeren Art.
Der Begriff Affekt der wackeren Art gefällt mir so sehr, dass ich fröhlich werde, trotzdem ich Schwierigkeiten habe meinen offensichtlichen Diebstahl emotional zu verarbeiten.
Am nächsten Tag klingelt das Telefon, der Vater ist dran, der Mann der Blumenausrotterin. Sie seien wieder da! Ich sage erstmal nichts, erwarte, dass er mich auf die Lücke im Regal der Blumenausrotterin hinweist. Es folgen dann viele Dinge, doch keine Lücke wird erwähnt. Kaum habe ich aufgelegt, erwarte ich tagelang einen erneuten Anruf. Es folgt jedoch keiner. Ich lese dann ab und zu mal im Lob des Unsinns weiter und habe irgendwann dann eine große Wut auf das Buch namens Lob des Unsinns. Man macht Unsinnigkeit oder nicht, alles andere interessiert keinen. Über den Sinn von Unsinn zu philosophieren ist Unsinn.
Ich lege das Buch beiseite, ich hatte es deutlich überschätzt.
Hermann Burger hatte so recht, es ist und bleibt die grösste Aufgabe eine Gehirnfurche in der Weltgestalt zu hinterlassen. Dies haben Kant und Tieck und dieser Blaubart ( bisher dachte ich der sei lediglich eine Romangestalt) natürlich geschafft.
© Bettie I. Alfred, Sommersonnenwendetag 2022