Lese, da das Buch von Fridolin Stier, einem Theologen aus dem Allgäu, zurück in die Bibliothek muss, noch einmal in es hinein.
Tagebuchaufzeichnungen aus dem Jahre 1972. Es zieht mich sofort hinein, ähnlich wie heute, geht es immerzu um die Katastrophen in der Welt. Herr Stier schreibt kantig und zärtlich zugleich. Wut und Beschwichtigung stehen eng beieinander. Frage mich, wie man den Beruf des Geistlichen mit dem Leben als kritischer Geist, der nichts verharmlost, unter einen Hut bekommet. Bin fasziniert. Dann muss ich daran denken wie einmal vor langer Zeit, eine Literaturberaterin auf einen Text: „Naja, ist halt Tagebuch!“ geantwortet hatte. Nun lese ich so ungeheuerlich gerne Tagebücher von Menschen, die gezweifelt haben. Ob die Literaturfacharbeiterin inzwischen auch einmal an sich zweifelt?
Der Mensch ist so verschieden. Die Elster auf dem Dach ist keine Taube, wie sonst, Vögel sind mir die Liebsten, heute.
Nun krümme ich mich wieder in meinen Roman hinein, er wird sonst nie fertig werden, ich dagegen schon.
© Bettie I. Alfred, 30.Juni 2022