Zu einem Fleck stehen lernen

Auch, wenn sich einmal durchaus kraftvoll ein ödipaler Konflikt durch mein Werk geschrien hat, ist dieser nun überwunden und ich kann nun einem männlichen Schreibmenschen gelassen das Wasser reichen. Und sogar mehr, ich kann mich selbst immer wieder anzapfen, um einen Durst zu stillen, der mir hingestellt wird oder sich auch von selbst im Selbst breit macht. Beim Lesen im Buch über die grössten Fehler im Umgang mit Dementen, wird mir klar, dass es meist die Fehler sind, wie man sie häufig auch in der Erziehung von Kindern macht. An erster Stelle: Das Ausfragen. Um den Kranken sozusagen bei Laune zu halten, fragt man ihn immerfort nach dem Speiseplan der letzten Tage aus. Zudem das ewige Aufgefordere: Denk einmal nach! Wenn ein Kind nachdenken möchte, denkt es nach. Wenn es nicht nachdenken möchte, denkt es nicht nach. Hat das Essen geschmeckt, erzählt man davon, hat es nicht geschmeckt, erzählt man nicht davon. Die Stille, die mag man immerzu laut haben. Will man nichts mitteilen, wird behauptet, dass man schlechte Laune und oder das Kind einen schlechten Tag habe. Es muss, so der Mensch der etwas hören will, doch bitte bitte bitte etwas berichtet werden. Möge der oder das doch sein Innen bitte bitte bitte nach aussen kehren und sich offenbaren. Dabei mißachten Menschen Folgendes: Seligkeit schweigt. Beiden, ob alt ob jung, bindet man auch gerne einen Latz um, beim Kind noch eher zu ertragen, als beim alten Menschen. Zieh dich um! Heisst es sofort, wenn einem der Fleck leuchtend die Stimmung verdirbt.
Gewöhne man sich doch einmal an all das Fleckige und höre einfach hin. Es gehört, so scheint es mir zumindest, ein unerschütterlicher Mut dazu, alles Fleckige sehenden Auges eintrocknen zu lassen. Man sollte jenen unerschütterlichen Mut einmal aufbringen, anstatt immerzu nur „das Weg“ zu präferieren.

17. August 2022, © Bettie I. Alfred


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