Find in einer Kiste ein Pons „Tschechisch“. Das Büchlein ist klein und paßt in meine Hosentasche. Zuhause lege ich es bedeutungsvoll auf meinen Schreibtisch. Am nächsten morgen stehe ich ungewöhnlich früh auf, um mit dem Wörter lernen zu beginnen. Die ersten Seiten sind gefüllt mit Alltagsaussprüchen. Es gibt viele Worte in Tschechisch, die mit Po anfangen. In Deutsch fallen mir nicht so viele ein, die so anfangen. Nur das Wort für Hintern, das ja nicht nur so anfängt, sondern nur daraus besteht und Pomeranze sowie das schreckliche Wort Polizei kann ich dann auf den Plan rufen. Dann versuche ich mir etwas zu merken. Ich lese fünfzig Mal das tschechische Wort und die Bedeutung in Deutsch dazu. Es ist gegen halb sieben Uhr früh und ich vergesse alles wieder, sobald ich nicht hingucke und ablese. Ich lese dann alles noch zehn Mal und lege mich wieder hin. Als ich aufwache denke ich darüber nach, was am Morgen gewesen war. Ich erinnere mich dann: ich hatte versucht das tschechische Wort für Okay zu lernen. Wie ging es nich gleich? Erinnere dann nur, dass es aus zwei Teilen bestand… was mit T… dann fällt es mir schlagartig ein: „Tak Ja“. Fünf Stunden hatte es im Grunde gedauert dieses eine Wort zu lernen. Kein Wunder, daß ich die Schauspielschule verließ, als es hiess, daß ich die Luise Millerin spielen solle. Für Emilia G. war ich zu dick gewesen, nein nicht zu dick, zu grimmig. Ständig vermischte ich zudem den Text mit dem der Lena aus der Vorsprechrolle aus Leonce und Lena. Mein Gedächtnis bis heute ein Sieb. Leider nur das Kurzzeitgedächtnis, die schlimmen Dinge, wie man mit vier fiel und sich die Nase zerteilte, das vergaß ich nie. Man bedeckte mir damals das Gesichtchen mit einem grünen Tuch, wo die Nase dann durch ein Loch wieder zusammen genäht worden war. Doch zurück zum Hang zu vergessen. Kaum stehe ich dann um einen Einkauf anzugehen, vor der Haustüre, muss ich stark nachdenken was nochmal die drei Sachen waren, die benötigt werden. Eine Sache geht noch zum Erinnern. Zwei auch, besonders dann, wenn der Anfangsbuchstabe derselbe ist: K und K: Kaffee und Käse. KK und M, geht auch noch. Kaffee, Käse und Milch. Aber BKJ, da muss der Zettel dann her. Brot, Kaugummi, Jerusalem Artichocke. Der Mitbewohner meint dass man das üben könne. Beim Hörspielfest spricht der Ansager von einer Parallelaktion. Ich höre sofort Teile aus dem Hörspiel vom Mann ohne Eigenschaften. Da geht es ja andauernd um eine Parallelaktion. Der Ansager bezog sich aber auf etwas ganz anderes. Das Leben, so verwirrend und doch wird ständig überall alles sortiert. Nur in meinem Kopf nicht, da hab ja auch nur ich einen Schlüssel für.
© Bettie I. Alfred, 3.9.22