Wandermenüs sind ungeheuer anregend

Mein Schicksalskoffer werde ich nun einmal auf dem Laufband liegen lassen. Der Abstand zu mir selbst ist längst dehnbar geworden und Gleichstand unter allen kann es sowieso niemals geben, immer bleibt einer bzw. eine in der Ecke stehen. Schickungshaftes Witzereißen, befreiend und doch eine alte Leier, wenn man den Punkt nicht rechtzeitig zu setzen vermag. Habe aus nostalgischen Gründen das Buch „Liebe allein genügt nicht“ von Bruno Bettelheim aus dem Regal geborgen, es war in den Abgrund hinters Regal gerutscht. Entscheide dann aber doch lieber die Werbebroschüre über die Pfalz, in der ich bis ich zu meinem neunten Jahr, gelebt hatte, anzuschauen. Ich muss staunen, denn das ist wahrlich das Paradies auf Erden. Landschaft, die alles hat, was der Mensch braucht: Wiesen, Berge, Himmel,Täler, Gestein und Wasser. Wie konnte man dort die Sachen packen und wegziehen? In die Zone? Das geht nur, wenn man vergeistigt ist und auf Biegen und Brechen (wie ich diese Redewendung doch liebe) nicht den Förster verkörpern will. Ich erinnere plötzlich wieder die ausladenden Spaziergänge (es waren für mich wohl eher Spazierläufe) durch die Weinberge an der Hand des Vaters. Mein Arm zunehmend ausgeleiert und dünn bis zur Zerreissprobe, weil er so große Schritte machte. Undenkbar, er mit einem fußlahmen Dackel an der Leine. Auch ich, oft irgendwo lädiert und dann einen Rollstuhl (den Seelenrollstuhl Lustigkeit besass ich schon) ersehnend. Der malade Dackel würde jedenfalls bei jener Schnelligkeit endlos zubeissen, in die vor ihm herumtanzende Wade. Ich versuchte mitzuhalten. Der Vater immerzu ein Wunder an Zielstrebigkeit.
Die Broschüre über die Pfalz dann ein sogenanntes Wandermenü. Wie kann es sein, dass ich nicht mehr dort war?

© Bettie I. Alfred, 15.9.2022


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