Die steile Projektion Leben oder I Wont Wota…

Überlege, ob der Satz, dass ein guter Mensch immer ein Anfänger bleibt, stimmt. Habe vergessen wer so etwas behauptet. Wenn ja, wenn er also stimmte, dann wäre ich ein guter Mensch. Die Frage, ob ein guter Mensch zu sein ein anstrebenswertes Ziel sein sollte, ist dann eine ganz andere noch. Was bedeutet überhaupt gut? Ich bin eine kleptosome Lügnerin und helfe gerne anderen Menschen ans Ziel zu kommen (mit einem Fahrzeug z.B.- erkläre gerne enorm umständlich einen Weg). Auch liebend gerne helfe ich Menschen, die nicht wissen, ob es der richtige Zug ist, in den sie zu springen gedenken, und versuche mit ihnen heraus zu finden, ob es sich für diese lohne ihrem Impuls zu folgen, weiss aber oft selbst nicht, ob ich mich eigentlich im richtigen befinde. Als ich durch Bremen laufe, bin ich entzückt über so viel Glaswintergärten im Originalzustand. Selbst buntes altes Glas mit Patina kann man entdecken, ganz zu schweigen von (rostigen!!!) Schnörkeleien in Abgrenzungen aller Art (in 90 % ist so etwas seit mindestens 50 Jahren verschwunden). Ein Haus steht dann sogar leer. Man schaut hinein… durch die erste Fensterfront…in dessen Spiegelung man eine weitere solche entdeckt… hindurch schaut man gebannt, durch all das schmutzige Glas. Der Blick endet schließlich in Rosen-Gestrüpp, ein Gartens ?… Mitten in der Stadt. Wie in meinen schönsten Träumen! sag ich und der Mitgeher nickt. Ich werde es kaufen, sobald ich es kann, sag ich dann noch und mir ist umgehend klar, dass sich das lediglich gut anhört. Ein Blödsinn ist das sondergleichen, denn, das weiss jeder, zu viel Traumerfüllung strebt immer nach massivem Unglück. Zudem kann man nicht Bergmans Schweigen lieben und sich in einer verwilderten Villa in einer ausschließlich schönen Gegend wohl fühlen. Das geht einfach nicht! So schön diese Vorstellung auch anmuten mag. Erfüllung kommt nicht durch Äußerlichkeiten zustande. Vielleicht einen Tag durch eine ungewohnte Frisur, aber niemals durch eine neue überschöne (niemals!) Wohnsituation. Neue Haare können dagegen tatsächlich für einen Zeitraum, der winzig meist ist, aber immerhin, eine wirklich gute Sache sein. Niemals aber wenn Traumhaftes sich verwirklicht. Das Sichzurechtzufinden im Leben, benötigt mehr als einen Ort, der einem auf einer Fotografie oder beim Vorbeilaufen gut gefällt. Und überhaupt: Man muss aus dem Zwiespalt pfeifen können, kann man das nicht, ist dieser bedroht, etwas will ihn dann zerstören, verhübschen. Man sollte immerzu das Fürchten lernen, und es aushalten, dass alles Schöne eine Illusion ist. Die Furcht in der Hoentasche ist zu bejahen. Nur geistlose Menschen fürchten sich nicht. Das Leben muss einfach die steile Projektion (Gottfried Benn) bleiben, als die man es wahrnehmen wird, wenn man sich tüchtig dem Gefühl des Monotrop im Hier und Jetzt hingibt. Nur so macht dann auch das endlose Sehnen Sinn. Im Zug dann ein kleiner engelhafter Englisch sprechender Sprachbeginner. Ich zeichne ihn heimlich auf. So goldig seine Art zu Sprechen.
„I wont Wota! I wont Wota!“

© Bettie I. Alfred, 16.10.22


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