Die Frage, ob sogenannte Pubertätsblocker einen Sinn ergeben können, oder nicht, führt dazu, dass ich nicht mehr weiss wo oben und unten ist. Die Richtungen des Betrachtens werden immer mehr, ein Ja oder Nein, das Einerseits-Andererseits, gibt es nicht mehr. Freud und Jung sind überholt worden und mein Bücherregal voller Bücher, die man zwar lesen, jedoch größtenteils nur noch für Skurrilitätentexte verwenden kann (ich rede von meinem Bücherregal, wo auffallend viel schön Vergilbtes steht), ist oldschool. Der Mitbewohner erwähnt, das die Psychoanalyse heutzutage an Stellenwert verliert, man setze mehr auf die körperlichen Vorgänge, auch die Ansicht, dass die Gene alles bestimmen, sei wieder im Kommen. Ich sehe sofort eine gewisse angenehm menschliche „Wrackigkeit“ schwinden. Man ist nicht mehr der grübelnde sich selbst zersetzende Mensch, der in gewisser Weise immerzu prämorbid begeistert auf die Welt und das Sein blickt, sondern man möchte sich stattdessen in jeder Sekunde optimieren, entfalten, bereichern, lackieren. Schweigen und sich Verlorenfühlen muss als „Story“ Entladung finden und beklatscht werden, nur so kann man beides ertragen. Poesie hat offenbar immer mehr mit Lautstärke zu tun, das Leise geht unter. So, wie es keinen Schnee mehr gibt, auf dem, wenn er zu Hauf gefallen ist, alles dumpf und weich klingt, scheint die Zeit der Poltermimen gekommen zu sein. Dabei ist ein zusammengekrachtes Gebäude weniger wackelig, als ein schlecht gebautes. Die Antisentimentalität, die sich in diesem Satz Bahn bricht, gefällt mir (heute) gut. Vor dem Fenster der Betonmischer. Sein Geräusch bekannt und somit nicht beunruhigend, sondern das Gegenteil. Der Brummklang übertönt zudem den Geschirrspüler. Stille gibts nur auf der Entspannungs-CD.
© Bettie I. Alfred, 25.10.22