Donauwellen kann man nicht essen

Bevor ich an die Arbeit an meinem Stimmentheater mit Tongerüst (man nennt es auch Hörspiel) schreite und Herrn Harzers Sprache ansetze und zerschneide, muss ich noch kurz ein anderes Thema begrasen. Ich lese ab und an Dinge, die mich ergreifen, die ich aber nicht wirklich verstehe. Dazu gehört ein gewisser Nietzsche, leider fand ich das Buch Philosophie leicht gemacht nicht mehr, es stand Jahrzehnte dort im Regal der Bibliothek vor, also nahm ich Hannah Arendt`s Briefbuch mit der Wahrheit, die es nur zu zweien gibt, mit und ich staunte nicht schlecht, denn sie ist eine ganz normale Briefeschreiberin und Frau gewesen, interessiert an durchaus freudespendenden Themen und redselig wie eine Klapperschlange. Auffallend zudem, wie gut sie auf mehreren Tabletts gleichzeitig zu tanzen vermochte. Obwohl ehrlich veranlagt, war sie doch auch mit großem Respekt unterwegs gewesen und ich las mich in sie hinein, als sei ich selbst damals am Leben der A. beteiligt gewesen, wie und wo auch immer. Ein wenig kam, ob der Vielfältigkeit die diese betrafen, die Vermutung auf, dass sie eine Art polyamore Art hatte Männern zu begegnen. Am 8.7. (ich glaube im Jahre 1946) beginnt sie einen Brief mit „Liebster“, dieser ging an ihren Ehemann H. Bühler, gleich am Tage darauf folgt ein weiterer an Herrn Kurt Blumenfeld, der mit „Mein Lieber und Guter“ beginnt, es folgen wenige Tage später noch ein Brief an Karl Jaspers und einer an Gershom Sholem, mit allen ist sie vertraut wie Gott mit seinen Lämmchen. Das hab ich jetzt merkwürdig gesagt und doch meine ich es so. Sie hatte wohl eine ungeheure Geübtheit im liebevoll „Hallogeschäfte“ abschließen, wenn man das so sagen kann. Nietzsche meinte übrigens ein Bewusstsein im Menschen sei vollkommen überflüssig. Der Zusammenhang ist mir nicht klar, weshalb ich ihn weglasse. Ausgerechnet er sagte das, wobei er auch gleichzeitig der Meinung gewesen war, dass der Ursprung von Bewusstsein ein grosses Mitteilungsbedürfnis sei. Manchmal habe ich das Gefühl, man muss sich zu einer Art Höhepunkt aufspielen und zudem ganz viele Widersprüche auf einmal in die Menschheit werfen und bald schon ist man ein gemachter Mann. Eine Frau auch.
Genug nun in meinen Gedanken hin und her gefahren, jetzt heisst es still zu sitzen und mich dem Hören hinzugeben.

P.S: Die Schwester wünscht sich „Donauwellen“ zum Geburtstag. Ich dachte es ginge um Gebäck, sie meint jedoch eine Art Walzermusik. Ich bin verwirrt, dachte momentan sei Polterschlager angesagt. Das Walzertum, das hatte ich nicht mehr auf dem Schirm.


© Bettie I. Alfred, 11.11.22


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