Die Idee sein Leben zu sortieren, am besten die Gedanken mit all ihren Vorgängigkeiten und Nebenerscheinungen, ist ein Zwangsgedanke der Neuzeit.
Die ständig angestrebte Exmittierung alles Überflüssigen, ein unmenschliches Verlangen, das nicht mit einbezieht, dass der Mensch ein Mensch ist, sprich, ein mehr oder weniger sich wrackig fühlendes Wesen, das schon aus aus Irrationalitäten entstanden ist und somit schwankt, immerzu, und überall. Der Mitbewohner berichtet von Ideen die Kassiererinnen in den Supermärkten durch ein neues System ohne Menschen, durch das einer automatischen Abbuchung auszutauschen. Es gäbe dann keine Wartereien an den Kassen mehr… Wohin hetzt es sich dann besser? Ein Leben ganz ohne ereignisarme Zeitstrecken ist doch weitaus sinnloser noch, als lediglich im Nichts zu schweben. Der Schriftsteller, ein betagter Mann, dem die Gedanken durcheinander geraten sind, räumt alles ständig um. Jedes Mal, wenn man kommt, ist die unterste Schicht (meist von Papieren, aber auch Bildern und Büchern) oben und die oberste ganz unten angelangt. Alles tanzt immerzu herum, die Ordnung, die angeblich so viel Zeit und Müh spart, ist andauernd komplett dahin. Ein Mensch, der also die Optimierung liebt, schlägt natürlich jetzt entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen. Der Schriftsteller nicht, er muss alles umschichten, immerzu aufs Neue. An der Kasse im Supermarkt spricht er gerne mit der Kassiererin. Sie hat Zeit, der Laden, in dem wir einkaufen, ist wenig besucht, es gibt riesige Konkurrenten gleich nebenan, wo man billiger shoppen kann. Auch ich ging dann zum Liedell und der Kassierer war so schnell, dass sich alles zu türmen begann. Sie sind zu schnell! sagte ich und er sagte nichts. Alte langsame Menschen… wohin mit ihnen? Man muss sich einen anderen Blick angewöhnen, auf keinen Fall darf man den Vorsprungblick kultivieren. Kühn ins Nichts sollte man blicken, nicht ängstlich ins Getürme. Ab und an steht alles nebeneinander und schreit nach Entscheidungen. Dann muss man sich die Übergänge einfach denken. Allerdings immer die Schneegrenze festlegen. Der Schriftsteller rief nun zwei mal schon an, wann ich käme, er habe gekocht. Er kocht kalt und einzigartig. Es schmeckt wohl nur noch ihm selbst. Trotz allem Unvereinbaren erhellt er mich jedes Mal, immer wieder, auch, wenn es täglich dunkler zu werden scheint in seinem wachen bald schon 90-jährigen Geist. Ich halte ihm die Lampe.
© Bettie I. Alfred, 8.12.22