Aus dem Leben eines Strumpfhosentieres (3)

Während sich das Ungewöhnliche eines jeden Lebens immerzu von ganz alleine aufbaut, wiederholen sich alljährlich die Wetterlagen. Seit Jahren schneit es nicht zu Weihnachten und sowieso verweigert sich mir immer mehr das Gefühl der Aufregung, das man einmal gehabt hat, wenn die Zeit der angeblichen Besinnlichkeit in den Vordergrund trat. Kindheit und Weihnachten eine Kombination die fulminante Glücklichkeit in mir, dem bestrumpfhosten Kind, hervorrief und das nicht nur wegen dem roten Monchichiauto, das ich von Bekannten einmal geschenkt bekommen hatte. Die Erwachsenen sassen da nun immer herum und versuchten es sich gut gehen zu lassen, dem Vater gelang es weil Ferien waren und das Lehrersein ihn einmal in Ruhe liess. Es hatte etwas ungeheuer Romantisches, wenn sie so dasassen, diese Erwachsenen und sich ausstreckten. Dass man später selbst nur mit äußerster Umständlichkeit in romantische Gefühlszustände buxiert werden könnte, das ahnte man als Strumpfhosentierchen noch nicht und doch war glasklar, das das Leben als Ausgewachsener nicht einfach werden würde, denn man müsste egal wieviele Freundlichkeiten um einen herum leben würden, jeden Weg auch ganz alleine gehen können. Erst ganz spät, wenn man sozusagen alles mehr oder weniger gut überstanden hätte, würde man ein Glückspilzdasein führen können. Am liebsten tänzelte ich dann von Zimmer zu Zimmer, hielt ab und zu Stellung am Tisch der Gespräche, um mich nach ein paar Minuten wieder davonzustelzen. Die Verharrung war nie meins gewesen, das Flüchtige immer weitaus bewegender und doch fehlte tief drinnen etwas: Der Monolith der Zuverlässigkeit.
Zuverlässig war bisher nur das Nichts. In Bilderbüchern fand ich ein Gegengift, magische Welten, Tiere mit Hüten und Kinder mit riesigen Köpfen, die ohne Eltern lebten und auch keine brauchten. In den Büchern gab es zudem tatsächliche Freundschaften und sogar Stille und enorme Heiterkeit. Winzige und auch grosse. Es gab alles, was das Herz begehrte und das Beste trudelte ganz automatisch ins Hier und Jetzt und wickelte sich um mein noch vogelfreies Denken.


© Bettie I. Alfred, 23.12.22


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