Immer wenn es regnet muss ich an den Hardy Tree denken. Ein riesiger Baum in London, den ich einmal besuchte. Er steht auf einem Friedhof und erwächst aus einem Haufen umgekippter Grabsteine. Etwas schöneres kann es kaum geben als einen Baum, der aus einem Haufen Steinen erwächst. Auf dem Weg zur (Geld-) Bank, der im Grunde überflüssig war, weil ja heutzutage niemand mehr Geldscheine braucht, ruft eine erboste Mutter ihrem störrisch hinter ihr her trottenden Sohn zu, dass sie nicht lediglich auf die Welt gekommen sei, um mit ihm zum Kiefernorthopäden zu gehen. Eine komische Situation tut sich da auf. Er nickt einsichtig. Zum Kiefernorthopäden… ich dachte die seien längst ausgestorben. Dass anscheinend nicht nur furchterregende Musik wieder in ist, eckiges von Synthesizern geprägtes Diskotrara, sondern auch das Thema Zahnspange wieder im Raum steht, das ist faszinierend. Alles kommt und geht, nichts ist vergessen, heutzutage schon gar nicht. Die Ferienstimmung ist trotzdem durch enorm unangenehme Dunkelwetterzustände getrübt. Niemand will freiwillig draussen sein, alle hocken lieber vor ihren Mitteilungskisten und versuchen so ein wenig Draht zum Leben zu erhaschen. Auch ich bin betroffen, nachdem ich wieder daheim bin. Ich sollte anstatt meine Zeit am Gerät zu vergeuden mit der Pirschbüchse im Anschlag durch einen Wald streifen, das wäre wieder einmal ein Echtzeiterlebnis, das das Leben mit wahrem Sinn erfüllen könnte. Waldbaden ist immer von Nöten, besonders dann, wenn sich das Herz in einem Bunker zu verkriechen droht. Im Winter war man früher draussen im Schnee. Man balgte sich und lag lachend am Boden. Man freute sich sogar darüber, dass einem kalt war. Ich erinnere eine wunderbare Aufwärmsituation in einem mollig warmen Bücherbus, der einmal die Woche den Ort heimsuchte. Ich schleppte immer Berge von Büchern ins Zuhause, das sich direkt neben dem Parkplatz dieses Bücherbusses befunden hatte. Bis heute ist an eine Bücherausleihsituation bei mir ein bemerkenswertes Glücksgefühl gekoppelt. Bücher waren mir immer schon Freunde. Nichts tröstet besser als gute Worte. Und auch Bilder, gute Bilder. Jeder bestimmt dabei selbst, was gut ist. So wird das Leben, dieser Urbrei an Zeitvergeudung, wie Dürrenmatt einmal meinte, leichter zu übersehen.
© Bettie I. Alfred, 28.12.22