Endlich regnet es in Strömen. Warum das als so unbedingt schön empfunden wird, von mir, der Person, die ich ja nun einmal bin, weiss ich nicht. Zumal es ja auch ins Zimmer regnet bzw. nicht direkt in es hinein, doch Wasser fliesst schon in die Mitte des Zimmers, weil der Boden eine Kuhlenform hat und die Balkontür undicht ist. Solange alle Beziehungen lediglich zitternde Provisorien sind, werde ich mich mit undichten Balkontüren übrigens lieber befassen als mit der Idee ein Tierheim für Menschen zu gründen. Ich schiele nun wieder in mein Notizbuch hinein, habe heute keine rechte Idee worüber ich etwas Geistreiches schreiben könnte. Über Krieg will ich nicht schreiben. Alte Männer sprachen gestern bereits genug im Hausflur über ihn und ihre krakeelende Sehnsucht nach einem Sieg schien mir enorm und belästigte meine Naivität, weil zudem eine Stellungnahme meinerseits gefordert wurde. „Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter!“ rief der Vater, zu fröhlich für Betroffenheit, dann aus und ich zückte den Stift, um als beschäftigt angesehen zu werden. Fühlte mich dann plötzlich frei und kam ganz kurz zur Vernunft. Wie gut, dass dem Vatertier gefühlsmässige Hemmungen fremd sind, denn somit war er den anderen fast immer, egal wie es auch zuging in der Welt, durch die Fähigkeit Glück zu empfinden, voraus. Wollte ihn dann eigentlich noch fragen, was er mit dem Spruch: Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter, genau gemeint hatte, doch liess mein Konzentrationsfähigkeit dann wieder nach und ich befasste mich lieber damit die Krümel, die ich selbst beim Kuchenverzehr verteilt hatte, aufzusammeln und mir aus Mangel an Mülleimernähe, schnell als Presskugel in den Mund zu stecken. Der Blick fiel dann auf ein Weihnachtsgeschenk, dass ich gewünscht und bekommen hatte und eine Scham machte sich in mir breit, die ich nur in den Griff bekommen würde, wenn ich das Geschenk zeitnah in ein Versteck bugsieren täte, und es aus den Augen wäre. Es handelte sich um eine Schallplatte, die extra aus England bestellt werden musste, so teuer wie ein goldener Rasierapparat gewesen war und die mir beim einmaligen Anhören gleich wahnsinnig auf die Nerven gegangen war. Man habe drei Monate auf die Lieferung gewartet… Es war eine Laune in mir gewesen, denn ich hatte gedachte, dass es mich fröhlicher machen täte, wenn ich diese besonders rare Schallplatte besitzen würde. Eine kostspielige Laune. Ich setzte mich dann wieder ordentlich an den Tisch und guckte so harmlos wie möglich vor mich hin. Dann fiel mir ein, dass ich zum Schriftsteller telefonieren musste, er wartete sicher schon auf einen Besuch…
© Bettie I. Alfred, 4.1.23