Entdecke in einem Notizbuch vergangener Jahre eine interessante Aufzeichnung. Ich las damals viel Hans Henny Jahnn und war fasziniert von seinen Beschreibungen und den sich meist anschließenden Thesen über das Leben. Er schrieb immer wieder davon, dass und wie in seiner Kindheit etwas explodiert sei. Dampfmaschinen, Pulver in grellen Farben, vergorenes Obst. Wie alle kleinen Jungs liebte er es, wenn etwas in die Luft ging. Das es so war, so er, müsse mit der enormen Wut, die die meisten Jungen auf ihre Mütter hätten, zu tun haben. Mütter hätten das Pech, dass sie ihre Söhne ganz automatisch wütend machen würden. Damit kein Unglück geschähe, wäre es äußerst hilfreich, dass sie Explosionen anderer Art, stellvertretend für die zwischenmenschlichen, erleben könnten. Ich hielt mich, was Explosionen anging, zumindest bis ich 30 war, eher zurück. Auch in der schlimmsten Pubertät war ich zwar auffallend ungestüm, aber eher ungefährlich im Umgang mit Menschen. In der Schulzeit sollte man einmal ein Referat über ein bedeutendes Werk eines Schriftstellers freier Wahl halten. Es musste gut werden, sonst drohte die 5 und damit ein Sitzenbleiben und damit ein frühzeitiger Schulabgang. Der Vater, ein Deutschlehrer, empfahl dann Andreas Hartknopf von Karl Philipp Moritz. Da ich keinerlei eigenes Interesse an Literatur gehabt hatte, und lediglich immerzu wissen wollte, wann welche Band wo spielte, folgte ich einfach des Vaters Rat und versuchte es damit und las die ersten Seiten. Dort wurde vorerst die Gestalt der Hauptfigur beschrieben und man erfuhr, dass diese eine sogenannte Knotensocke trug, was wohl ein Zeichen von großer Armut gewesen war. Ich ahnte dann einen zähen Leseverlauf und fragte schließlich den Vater, ob ich nicht auch über Endes Momo, referieren könnte. Der Vater verneinte, denn das sei ein Kinderbuch. Ich schaffte es dann mit Hängen und Würgen tatsächlich ein Referat über diesen Hartkopf zu verfassen. Wie ich es dann halte, verbessert mich die Lehrerin immer wieder, der Mensch heiße Hartknopf und nicht Hartkopf. Ich kann dann nicht umdenken und sage immer wieder Hartkopf. Die Klasse dann nur noch auf diesen Fehler wartend und schließlich jedesmal loslachend, wenn ich kopf statt knopf sage. Ich vermeide dann am Ende den ganzen Namen zu lesen und sage stattdessen nur noch den Vornamen Andreas. Das klingt dann so, als sei es eine Art Kumpel von mir und nun lachen erst recht alle. Die Lehrerin schimpfte dann mit den Belustigten, doch es war dann, zumindest gefühlt, sowieso schon alles für die Katz gewesen. Ich bekam dann trotz allem und zu meiner großen Überraschung eine ganz gute Note für meinen Vortrag, die dann auf meinem Zeugnis die vorgesehene 5, immerhin, in eine 4 verwandelt hatte. Trotzdem musste ich die Schule dann verlassen. Ich schrieb mich dann weiter (bis heute) um Kopf und Kragen.
© 23.3.23, Bettie I. Alfred