Ab und an erschreckt über die Dürre eines Textes, lege ich ihn beiseite und beginne mich in einer Art Murmelbox zurückzuziehen. Die Werkstatt des Mitbewohners, ideal um mir darin etwas vorzulesen. Sich selbst etwas vorzulesen beruhigt. Thomas Bernhard fühlte sich in den Schriftstellerberuf hineingescheitert. Man scheitert ja im Grunde ständig in etwas hinein. Gestern war ich in eine dünne Schicht Heiterkeit hineingescheitert. Sie war so dünn, das sie riss und ich trübsinnig wurde. Ein mir drohender Zeigefinger stellte sich mir dann quer in den Kopf und mahnte mich platt. Als im Küchenradio dann mal wieder der Alltimehit Easy Lover läuft und ich förmlich gezwungen werde, ein wenig meinen Fuß dazu zu bewegen, versteht der Mitbewohner nicht wieso Menschen solche Musik als angenehm empfinden können, er ist ein anspruchsvoller Musikkonsument mit einem enormen Gefühl für feine Abstufungen. Der Song klänge in seinen Ohren als rauften sich zwei langhaarige Typen in einem Pappkarton. Dieses Bild passt dann gut, und ich frage mich, ob es einen Beruf gibt, der darauf spezialisiert ist, Bilder für Musiken zu finden. Na klar, Musikjournalist. Warum nicht anstatt Musik zu machen, über sie schreiben?
Jeder kann sein Talent zu einem Beruf machen. Auch K.E.Grossmann, ein Bindungsforscher hat das getan. Er hat immerzu Bindung erforscht. Sie war sein Steckenpferd, wie man so sagt. Er hat dann herausgefunden, dass die Herstellung einer Bindung phylogenetisch so stark vorprogrammiert ist, dass sie sich immer einstellt, wenn ein anderer Mensch regelmäßig zugegen ist. Selbst, wenn dieser keinerlei Zuneigung entgegenbringt, baut sich eine Bindung auf. Nur als sicher wird sie dann nicht empfunden. Frage mich dann, ob die Grausamkeiten, die in Kinderliedern vorkommen…“morgen Früh, so Gott will, wirst du wieder geweckt“… eventuell dazu dienen sollen, die Bindungen nicht zu stark werden zu lassen.
Ich geh dann hinaus und treffe auf der Strasse Elsa, sie ist schlecht drauf, das spür ich.
Unser Gespräch war dann kurz und bündig.
Ich: Tag Elsa,
Sie: Tag Bettie,
Ich: Na?
Sie: Was heisst hier Na?
Ich: Tja, was heißt hier Na?
Sie: Bis bald.
Ich : Tschüß!
© bettie I alfred, 26.4.2023