Zwanghaft verlustigte man sich manchmal gern

Wenn der Himmel, wie er es heute tut, einem durchwachsenen Speck gleicht, habe ich immer besonders wirre Gedanken. Auf dem Tisch liegt eins von drei Brotmessern. Es war früher, als ich ein Kind gewesen war, das Käsemesser, weil der Vater nicht Brot, sondern eben Käse damit abschnitt. Das Messer war aber, wenn ich es recht betrachte, eindeutig als Brotmesser gedacht und somit hat der Vater es, sicher, weil es einen orangenen Griff gehabt hatte, fehlverwendet. Orange, allerdings auch keine typische Farbe für Käseangelegenheiten. Zum Orangenschneiden war das Messer aber definitiv zu gross und unhandlich, ausserdem mochte ich es gar nicht, wenn man beim Orangenschneiden die Haut der Frucht verletzte und sie dann schon suppte, bevor der Frass losging.
Ich frage mich dann wieso ein Messer, das definitiv nichts mit der Tätigkeit des Messens zu tun hat, so genannt wird, und man somit auf die Idee kommt, dass es ein Messgerät sein könnte. Danach denke ich an meinen Opa, der immerzu Quatsch machte, zumindest schien es mir so zu sein, sobald er unter Menschen war. Logisch, dass mir das so vorkam, denn ich ja einer der Menschen und ja nicht anwesend, wenn er alleine war. Er hüpfte z.B. in Bremerhaven einmal durch ein Mosaik am Boden und sang dazu etwas, es ging meist um ihn als Knäblein in seinen Lieder. Wir, das Publikum, lachten uns kaputt, sonst wäre er umgehend verstimmt gewesen, aber auch, weil der Vorgang tatsächlich sagenhaft komisch gewesen war. Ich hätte dann auch gerne etwas Quatsch gemacht, aber es war leider nur den Erwachsenen vorbehalten sich auf diese Art Aufmerksamkeiten zu erheischen und somit stand man dann sinnlos da und wusste nicht recht wohin mit den eigenen Phantasien, in denen man sich dann breakdancend (es spielt alles in den 80er Jahren) durch den Fischbrötchenladen um einen Bremerhavener Schnauzer (Hund) bewegt hatte. Ich musste im Kopf unbedingt alles überbieten, es war sozusagen eine typische Familien-Disziplien, in der man sich hervortun sollte (allerdings war sie, wie schon gesagt, eigentlich nur den Erwachsenen vorbehalten, im Grunde sogar nur den männlichen Erwachsenen, von Emanzipation hielt man damals nämlich : NICHTS).
Nina Hoss übrigens, die ich gestern in einem Psychodrama namens Vorspiel, bewundert habe, unschlagbar als zwanghafte Geigenlehrerin.


© Bettie I. Alfred, 17.4.24