Bettie I. Alfred

September 17, 2020

Dies ist die Webseite von der Autorin und Hörspielmacherin Bettie I. Alfred. In der Seitenleiste finden Sie Informationen über ihr Schaffen. Unten können sie einen sogenannten Blog lesen, den Frau Alfred neben ihrer momentanen Haupttätigkeit als Hörspielmacherin mehr oder weniger regelmässig schreibt. Hier geht es meist um ihren aberwitzigen Alltag, den sie als lesende und schreibende Künstlerin mit einem tiefgreifenden Humor und einem analytischen Blick für das (Ur-) Menschliche, darzustellen versucht. Frau Alfred ist es ein Anliegen die tristen Seiten des Lebens anzuerkennen und sie mit den durchaus ja auch ab und an erstaunlich schönen zu verbinden. Die Sprachlosigkeit zwischen den Zeilen interessiert sie mehr, als alle Tatsächlichkeiten zusammen, vor denen es sich nach Alfreds Meinung meistens zu hüten gilt. Denn nichts ist in der Kunst ja sinnfreier, als die pure Darstellung eines Realitätenkabinett.

„Die Realität verzaubern, indem man sie entzaubert, oder umgekehrt, das führt manchmal zu literarischen Kunstwerken!“ B.I.Alfred

Die Übertreibungen und Verzerrungen in Frau Alfreds Prosa und auch in ihrer Lyrik sind wunderschön, immer anregend und in gewisser Weise angenehm belastend.Alfred Katz, Prosaanalytiker

„Ob ich je mal die Sprache finde, die zwiefühlige, zwiesichtige, zwiehörige Art meine Wirklichkeitserfahrung auszudrücken?“ Fridolin Stier, Denker der Ganzheit

„Sie lebte in Frieden mit ihrem Unglück!“ aus Versuch über Katzen, Wolfgang Hilbig

Es gibt nur ein Glück

März 19, 2023

Die Aussage eines Tierforschers, dass selbst ein Truthahn nicht allein sein will im Leben, rührt mich über die Maßen und obwohl ich Zeitungsartikel verachte, weil sie derart schnelllebig Tatsachen verbreiten, dass mir schwindlig wird, hebe ich diesen Artikel dann auf und versuche ihn aber dann schnell wieder zu vergessen, denn es ist ja eine reine Behauptung, die dieser durchaus sympathische Tiermensch da in den Raum stellt. Heute morgen dann im Radio die Sendung Essayi (wie schreibt man das nochmal?) und Diskurs, mit der klugen wortgewandten Kathrin Röggla. Sie spricht über das Geschichtenerzählen und natürlich über vieles andere mehr und als sie sagt, dass sich jemand am Brechtschen Exildachbalken gestoßen habe, muss ich kurz lachen und wenn man lachen muss, geht es einem gut. So wie man beim Kopfstand nichts trinken kann, kann man, wenn man lachen muss nicht gleichzeitig eine Todessehnsucht haben.
Nun soll mein Sehnsuchtsbuch fertig werden und ich bin durch den Exildachbalken in guter Stimmung und rase, für meine Verhältnisse irre schnell (eine Sekräterin würde sich wohl amüsieren, denn es schiene ihr wohl ein Zeitlupengeschehen zu sein) über die Buchstabentasten. Gestern Abend leider ins Berlin der 80er Jahre getaucht, wo ein Musiker in den Wahn abdriftete. Dies ausgeschlachtet, wie etwas, was keinerlei Schutz benötigt, und so unterhaltend unter die Leute gebracht, dass ich danach ein mulmiges Gefühl nicht los wurde. Das Gefühl betraf wohl die eindeutige Tatsache, dass sich der Tote, es endete leider tragisch, nicht mehr äußern konnte. Die Kunst etwas öffentlich zu machen und dabei eine gewisse Distanz zu dieser überall um sich greifenden Wollust an der Panik zu halten, ist für mein Gefühl das A und O. Trotzdem fiel mir sofort der Psychiater ein, zu dem ich ein einziges Mal ging, und der sich umbrachte, weil er keinen Sinn mehr im Leben gesehen hatte. Mir hatte er wenig vorher in nur einer einzigen Begegnung, die Augen öffnen können: Sie brauchen Freunde und einen guten Schlaf, aber keine Behandlung durch einen Psychiater, hatte er gesagt. Überlege nun was der Plural von Glück ist und stelle fest, dass es dieses nur in der Einzahl gibt.

© Bettie I. Alfred

Ein weiteres Trompetentierchen

März 16, 2023

Ein weiteres Buch (zum Teil aus diesem Blog gemacht) wächst nun heran. Heute beim Arbeiten einen schönen Satz wiederentdeckt:

Trompetentierchen entstehen, wenn man Wasser auf Heu gießt.

© Bettie I. Alfred, März 2023

Als Nirgendszuhause in Bruchwiesengraben

März 13, 2023

Lese in einem Zeitungsartikel, über einen Tierforscher, der mit Truthähnen lebte, über eine spannende Beziehungskiste, die er mit einem solchen gehabt hat. Er, der Mensch, schwärmte von Konrad Lorenz und ich erinnere plötzlich wieder diese Filmszene, wo die Enten mit denen Herr Lorenz in einem wunderschönen schlossartigen Gebäude wohnte, die Stufen einer gewundenen Treppe hinaufstiegen. Lorenz ging voran und die Enten schienen sich sicher, dass sie das richtige taten, ihm folgend. „Selbst der Truthahn will nicht allein sein!“ sagt nun der Mann mit den Truthähnen im Interview mit der Frankfurter Rundschau. Ich bin dann froh. Selbst ein Truthahn…
Ich blättere dann, um mich zu bilden, in einem Fotoband über eine Fotografin (Milli Bau), die in den 50er Jahren mit einem VW-Bus zur Seidenstrasse fuhr um dort Arbeitswelten und Strassenszenen in Schwarzweiss festzuhalten. Am Anfang des Buches steht ein Zitat: „.., dann werde ich ein Zugvogel, ein Nirgendszuhause, ein Mensch, der unstet und flüchtig ist auf dieser Erde.“ Das Substantiv Nirgendszuhause rührt mich dann. Ein Nirgendszuhause wohl auch ich. Das Schwerste ist wohl nämlich im Leben genau das, ein Zuhause zu finden in einer Riesigwelt. Bewundere Menschen, die so etwas gar nicht brauchen und vielleicht sogar gerne so ein Nirgendszuhause sind. In einer Art und Weise das Herumflattern genießen zu können, ganz ohne sich Gedanken machen zu müssen. Man gehört als Nirgendszuhause nämlich nicht in ein Zuhause, sondern dahin, wo man ist. Man ist somit ein Überallzuhause. Dann kommt mir der Satz der Frau, die meine Verspannungen heilen wollte, in den Sinn: Lass los, du kannst sowieso nichts mitnehmen! Ins Grab, meinte sie wohl. Ein berechtigter Hinweis. Die Dinge, die leblosen Dinge, von denen Handke so viel weiss, ich bin eine Horterin. Die gehorteten Sachen sollen mir ein Zuhause machen. Ein Zuhause ist aber wohl kein vollgestelltes Zimmer, sondern ein Innen. Lese irgendwo den wundersamen Ortsnamen Bruchwiese. Schaue dann weiter nach Wiesenortsnamen. Finde Bruchwiesengraben (Scherzach), rechter Zufluss der Scherzach nach Ritteln, Gemeinde Grünkraut, Landkreis Ravensburg, Baden-Württemberg… Wie es wohl gewesen wäre, wenn ich dort in Bruchwiesengraben hingewachsen wäre? Sicher anders.

13.3.23

Mattes Schwarz

März 10, 2023

Ab und an geht einem jeglicher Feinsinn verloren. Meist, wenn sich eine Furcht breit macht. Die Furcht vor dem leeren Kopf. Lese in einer Literaturzeitschrift über einen Schriftsteller, der angeblich, wäre er nicht früh gestorben, der beste in seiner Generation geworden wäre (wie kann man so etwas schreiben, wo doch die Mannigfaltigkeit an Schreibern schon immer gross und ausladend interessant gewesen ist?). Er, der ziemlich normal wirkende Autor, strebte, wie er selbst einmal schrieb, vor allem Offenheit an. Und nicht nur offen wollte er sein, sondern sich unbedingt in Rücksichtslosigkeit üben. Natürlich ein bezwingender Gedanke, dass sich jemand beim Schreibprozess nicht andauern umdreht und prüft, ob er eventuell ohne es zu merken auf einen Schlips getreten ist. Tut man das, ist man automatisch abgelenkt und nicht mehr direkt am Werk beteiligt, sondern formt ein Nebenwerk, meist ohne Heftigkeit mit einer glatten Oberfläche. Die glatte Oberfläche, die mich so nie interessiert hat und doch ist es mir eine Notwendigkeit geworden mich bewertungsfrei zu halten, denn poltern kann jeder, denn diesbezüglich ist jeder ein Schauspieler, zumindest wenn der Dampf ausreicht. Das Problem sind natürlich immerzu des Menschen taubenfussartige Paradoxien. Und dahintersteckend das sich in den Vordergrund spielende Nichts. Das Nichts, es sucht nach einer Form, nach seiner Form. Schaue mir zur Ablenkung alte Stadtbücher an. Fotobücher aus den 60er Jahren, über Städte wie Dessau zum Beispiel. Das Papier der Buchseiten dann wunderbar matt und die Schwärzen schwarz wie die Nacht. Wie können einen Fotografien in Mattheiten (Mattzeiten) so bewegen? Da ist er dann wieder, der verloren geglaubte Feinsinn.
Das Nichts ist dann verschwunden. Kurz.

© Bettie I. Alfred, 10.3.23