Ein wahres Bücherfest

Auf einem Bücherfest, wo man Bücher in grossen Mengen präsentierte wie bunte Ostereier, laufe ich im Stechschritt durch die Reihen und weiß nicht recht, was man sagt, wenn man nichts zu sagen hat (nicht ohne Grund schreibt man ja) ausser „wollen sie mal was von mir lesen?“ Natürlich wollen die Buchpräsentierer nichts von jemandem lesen, den sie nicht kennen und verweisen mich immerzu auf die Websites der Verlage. „Jaja“ sag ich und zuckele weiter. Manch ein Mensch ist dann aber tatsächlich ein Mensch und lacht und räuspert sich und hört sogar zu, was man dann stammelnd hervorbringt. An einem renommierten Stand redet sich dann vor mir eine Journalistin derartig um Kopf und Kragen, dass ich kurz denke, sie stünde vor einem Strafgerichtshof und nicht lediglich vor einem Buchstand. Ich fühle mich danach wie ein Zeitlupengespenst und gehe schnell weiter. Den Batzen meiner Vorankündigungs-Bastelarbeiten zu meinem Hörspiel, das am Abend laufen wird, lege ich dann unauffällig an den Wurststand. Die Mitgeherin sagt „Aber doch nicht zu den Wurstessern!“ Und ich bin irritiert, denn diese Wurstesser sind doch dieselben, wie die, die beim Matthes-und-Seitz-Stand oder sogar beim Stand von König Suhrkamp herumlungern und also mein Publikum. Sie, die Mitgeherin macht da aber einen Unterschied. So, als könnten wahre Buchbranch-Menschen keinesfalls eine ordinäre Wurst essen. Ich hohle die Karten dann zurück und verteile sie stattdessen einzeln. Eine Art „Hobbymensch“ (ich entschuldige mich im Voraus, wenn es nicht so ist, doch schien mir die Person eine, die nur nebenbei liest) riss mir dann förmlich „Ich liebe Hörspiel“ rufend, eine Karte aus der Hand. Das erinnerte mich dann an den sinnlosen Ausspruch, den ich selbst lange herausposaunte wie einen Slogan, der mich zu einem bessern Menschen machen sollte. „Ich liebe Kinder“ war der. Alle Kinder und alle Hörspiele gleichmachen, und das, wo kein Kind und ebenso kein Hörspiel dem andern gleicht und man schon gar nicht eins wie das andere lieben kann, doch sinnlos. Es wäre so, wie wenn man sagte: „Ich liebe alte Menschen“ oder überhaupt „Ich liebe Lebenwesen“, oder noch unglaubwürdiger „Ich liebe Politiker!“.
Nun ja, aber vielleicht gibt es tatsächlich Menschen, die so viel liebendgerner Hören anstatt Sehen, so, dass es ganz egal ist, was sie hören. Eine mehr kontaktfreudige als an einem Buch interessierte Frau an einem Stand mit wirklich schönen Büchern, die auch sehr gute Namen hatten, fragte dann den aufmerksam nach Interessenten Ausschau haltenden Vertreter, ob dieser denn auch selbst eins von diesen Büchern geschrieben hätte. Der sagte dann die Zahl seiner Publikationen, aus Freude über diese Frage wohl zu hoch ansetzend. Nämlich 169 Bücher. Die Frau staunte dann und der glücklich wirkende Mann fügte an, dass er seine Inhalte übrigens träume und am Morgen das Geträumte lediglich aufschreiben müsse. Das gefiel mir, auch wenn es unfassbar klang. Bei all dem deprimierenden Realen im Leben, war es doch das beste, wenn man nur die Gesetze von – Phantasie und Traumwelt- noch ernst nahm.

© Bettie I. Alfred, 10.6.24

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