Es gibt nur ein Glück

Die Aussage eines Tierforschers, dass selbst ein Truthahn nicht allein sein will im Leben, rührt mich über die Maßen und obwohl ich Zeitungsartikel verachte, weil sie derart schnelllebig Tatsachen verbreiten, dass mir schwindlig wird, hebe ich diesen Artikel dann auf und versuche ihn aber dann schnell wieder zu vergessen, denn es ist ja eine reine Behauptung, die dieser durchaus sympathische Tiermensch da in den Raum stellt. Heute morgen dann im Radio die Sendung Essayi (wie schreibt man das nochmal?) und Diskurs, mit der klugen wortgewandten Kathrin Röggla. Sie spricht über das Geschichtenerzählen und natürlich über vieles andere mehr und als sie sagt, dass sich jemand am Brechtschen Exildachbalken gestoßen habe, muss ich kurz lachen und wenn man lachen muss, geht es einem gut. So wie man beim Kopfstand nichts trinken kann, kann man, wenn man lachen muss nicht gleichzeitig eine Todessehnsucht haben.
Nun soll mein Sehnsuchtsbuch fertig werden und ich bin durch den Exildachbalken in guter Stimmung und rase, für meine Verhältnisse irre schnell (eine Sekräterin würde sich wohl amüsieren, denn es schiene ihr wohl ein Zeitlupengeschehen zu sein) über die Buchstabentasten. Gestern Abend leider ins Berlin der 80er Jahre getaucht, wo ein Musiker in den Wahn abdriftete. Dies ausgeschlachtet, wie etwas, was keinerlei Schutz benötigt, und so unterhaltend unter die Leute gebracht, dass ich danach ein mulmiges Gefühl nicht los wurde. Das Gefühl betraf wohl die eindeutige Tatsache, dass sich der Tote, es endete leider tragisch, nicht mehr äußern konnte. Die Kunst etwas öffentlich zu machen und dabei eine gewisse Distanz zu dieser überall um sich greifenden Wollust an der Panik zu halten, ist für mein Gefühl das A und O. Trotzdem fiel mir sofort der Psychiater ein, zu dem ich ein einziges Mal ging, und der sich umbrachte, weil er keinen Sinn mehr im Leben gesehen hatte. Mir hatte er wenig vorher in nur einer einzigen Begegnung, die Augen öffnen können: Sie brauchen Freunde und einen guten Schlaf, aber keine Behandlung durch einen Psychiater, hatte er gesagt. Überlege nun was der Plural von Glück ist und stelle fest, dass es dieses nur in der Einzahl gibt.

© Bettie I. Alfred


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